Motivation

Der Dunning-Kruger Effekt

Der Dunning-Kruger Effekt
"Je mehr ich lerne, desto mehr wird mir bewusst, wie wenig ich weiß."

- Albert Einstein -

Diese tiefgründigen Worte von Albert Einstein hallen tief, durchdringen die Korridore des menschlichen Verständnisses und verkörpern den Kern unseres intellektuellen Wachstums.

Stell dir eine Szene bei einem Familienessen vor. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt dein Cousin, den du seit dem letzten Familientreffen kaum gesehen hast. 


Mit unbeweglichem Selbstbewusstsein taucht er in ein Thema ein, spricht leidenschaftlich über etwas, von dem er offensichtlich nur sehr wenig versteht.


Du wirst einen Blick auf dein Telefon, führst eine schnelle Google-Suche durch und erfährst, dass alles, was er sagt, im Wesentlichen fehlerhaft ist. 


Doch dann kommst du zu einer erstaunlichen Erkenntnis: Er bleibt selig unwissend über seine Ungenauigkeiten, und auch die anderen am Tisch sind sich dessen nicht bewusst.


Wie kann jemand so sicher über sein Wissen sein, wenn er so grundlegend fehlinformiert ist?


Dieses Phänomen wird als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet, benannt nach den Psychologen David Dunning und Justin Kruger. Es enthüllt die faszinierende Neigung von Personen, die am wenigsten über ein Thema wissen, ihr Fachwissen zu überschätzen. 


Im Wesentlichen erkennen sie nicht, wie viel sie tatsächlich nicht wissen, und ihre fehlgeleitete Selbstsicherheit kann verwirrend sein.

Ignoranz erzeugt oft mehr Selbstvertrauen als Wissen

- Charles Darwin -

Dieses Gefühl steht im Zentrum des Dunning-Kruger-Effekts. Dunning und Kruger führten 1999 eine Studie mit dem passenden Titel "Unfähig und sich dessen nicht bewusst" durch, die Tests zu Grammatik, Humor und Logik umfasste und ein faszinierendes Muster aufdeckte.


Die Teilnehmer, die die niedrigsten Punktzahlen erzielten, zeigten das größte Vertrauen in ihre Fähigkeiten und überschätzten ihre Leistung erheblich. 


Im Gegensatz dazu unterschätzten diejenigen, die sich auszeichneten, oft ihre Fähigkeiten.

Aber wie entfaltet sich dieses merkwürdige kognitive Phänomen?


Sollten wir nicht unsere Grenzen und Unfähigkeiten erkennen?


Es stellt sich heraus, dass wir dazu neigen, unsere eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, wenn unser Wissen zu einem Thema begrenzt ist. 


Wir haben ein Bröckchen Wissen erworben, gerade genug, um zu wissen, dass wir über das Thema etwas wissen, aber nicht genug, um die unermessliche Wissenslücke zu erkennen, die noch zu erforschen ist.


Es ist, als ob unsere Unfähigkeit uns gegenüber unserer eigenen Unwissenheit blind macht, und wir können die Tiefe unserer eigenen Ahnungslosigkeit nicht wahrnehmen.

Stell dir vor, du bekommst einen Test über außerirdisches Leben. 


Du hast gerade eine 30-minütige YouTube-Dokumentation gesehen und fühlst dich recht sicher in deinem Wissen über Dinge, die noch nicht bewiesen sind.


Aber abgesehen von dieser Dokumentation hast du keine weiteren Recherchen zum außerirdischen Leben angestellt. Du warst noch nie im Weltraum, und sicherlich hast du keine Aliens als Freunde.


Du bekommst den Test und darin wirst du gebeten, 20 Fragen über das Leben als Außerirdischer zu beantworten.


Ich weiß, was du denkst.


Du bist nicht völlig unwissend. Immerhin hast du gerade eine 30-minütige Dokumentation über Außerirdische gesehen, also wirst du diesen Test sicher bestehen, oder zumindest besser abschneiden als der Durchschnitt.


Richtig?


Nun, das ist der Dunning-Kruger-Effekt in Aktion. Denn die Wahrheit ist, eine einzige Dokumentation reicht bei Weitem nicht aus. 


Jetzt stell dir vor in dieser Dokumentation geht es um Veganismus, die Klimakrise oder sonstige Probleme unserer Zeit.


Vielleicht glaubst du nun jeder sollte sich Vegan ernähren, da es unseren Planeten retten wird, doch in Wahrheit hast du nur die Spitze des Eisbergs entdeckt, aber da du nicht weißt, wie groß das Eis unter Wasser ist, wirst du in der Illusion leben, dass du alles erkundet hast.


Und wir sehen das jeden Tag. 


Von deinem Cousin, der auf der anderen Seite des Raums sitzt, über den Kollegen, der wirklich verärgert ist, wenn jemand anders die Beförderung erhält, die er sich so verzweifelt wünscht, bis hin zu unserem gesellschaftlichen Diskurs auf Social-Media.


Performance-Reviews bei der Arbeit geben uns einen objektiven Einblick in unsere Leistungen. Wenn jedoch Menschen, die wirklich nicht viel wissen, diese Ergebnisse erhalten, sind sie damit nicht zufrieden. 


Denn in ihren Köpfen haben sie viel besser abgeschnitten, als der Bericht sagt. 


Also erfinden sie Ausreden wie "die Chefin mag mich nicht" oder sehen herablassend auf den Kollegen, der die Beförderung erhalten hat. 


Sie kommen nicht einmal auf die Idee, dass sie vielleicht noch viel zu lernen haben.


In einem Unternehmen wurden einmal alle Ingenieure gebeten, ihre Arbeit zu bewerten und festzustellen, wie gut sie im Vergleich zu ihren Kollegen abschneiden. 


42 % der Ingenieure glaubten, dass sie zu den besten 5 % im Unternehmen gehören.


In einem anderen Szenario wurden Professoren gefragt, ob ihre Arbeit durchschnittlich, unterdurchschnittlich oder überdurchschnittlich sei. 94 % aller Professoren in der Umfrage glaubten, dass sie überdurchschnittliche Arbeit leisten - "eine Zahl, die mathematische Plausibilität zu widersprechen scheint". 


Man würde denken, dass Professoren, die ständig Menschen benoten, in der Lage wären, eine genauere Selbsteinschätzung abzugeben. Aber die Realität ist, wir alle sind Opfer des Dunning-Kruger-Effekts, sowohl als Professor als auch als Student.


Einige Wissenschaftler argumentieren, dass der Dunning-Kruger-Effekt möglicherweise nicht aufgrund einer schlechten Selbst-einschätzung auftritt, sondern weil schlechte Leistungen aufgebauscht werden sollen. 


Und obwohl man verstehen kann, wo dieses Argument herkommt, ergibt es keinen Sinn, denn es gibt viele Orte, an denen wir den Dunning-Kruger-Effekt beobachten, selbst wenn die Person keinen Grund hat, sich gut darzustellen.


Die Wahrheit ist, wir können kein genaues Urteil über Fähigkeiten abgeben, von denen wir nur sehr wenig wissen, weil wir einfach nicht wissen, was gut ist und was nicht. 


Wir sind uns den Enden des Spektrums nicht bewusst.

Ich bin nicht jung genug, um alles zu wissen.

- Oscar Wilde -

Metakognition ist das Bewusstsein deiner eigenen Denkprozesse. 


Es ist die Fähigkeit, deine Leistung und dein Verständnis zu planen, zu überwachen und darauf zuzugreifen. 


Es ist, als würde dein Gehirn sich selbst benoten. In ihrer Forschung entdeckten Dunning und Kruger, dass je weniger Menschen über ein Thema wissen, desto geringer ist ihre metakognitive Fähigkeit in Bezug auf dieses Thema. 


Das ist es, was sie sich ihrer eigenen Inkompetenz nicht bewusst macht.


Und das ist eine sehr merkwürdige Sache, denn das bedeutet oft, dass die lauteste Person im Raum in der Regel diejenige ist, die am wenigsten weiß.

Eines der schmerzhaften Dinge unserer Zeit ist, dass diejenigen, die sich sicher fühlen, dumm sind, und diejenigen mit Vorstellungskraft und Verständnis sind voller Zweifel und Unentschlossenheit.

- Bertrand Russell -

Der britische Philosoph Bertrand Russell sagte dies im Jahr 1951, und es gilt auch heute noch, sogar mehr denn je. 


Denn obwohl er dachte, es sei nur eine Erscheinung seiner Zeit, war es das nicht. 


Es war einfach der Dunning-Kruger-Effekt in Aktion.


Die traurige Wahrheit ist, dass diejenigen, die am wenigsten wissen, auch diejenigen sind, die am wenigsten bereit sind, Lern-möglichkeiten wahrzunehmen. 


Denke an die 42 % der Ingenieure, die glaubten, sie seien unter den besten 5 %. Sie werden wahrscheinlich alle Gelegen-heiten ignorieren, von ihren Kollegen zu lernen, weil sie bereits glauben, die Besten zu sein.


Andererseits erkennen die Besten nicht, wie besonders sie sind, und deshalb versuchen sie nicht, anderen etwas beizubringen, auch wenn sie diejenigen sind, die das tun sollten. 


Am Ende bleibt das Unternehmen im Stillstand. Die Innovation und der Fortschritt bleibt aus.


Das Leben ist dem Unternehmen sehr ähnlich.


Geh heute ins Internet, und die lautesten Stimmen sind diejenigen, die am wenigsten wissen. Überall, wo du hinsiehst, gibt es einen falschen Guru, der versucht, dir beizubringen, wie du über Nacht zum Milliardär wirst. 


Sie haben sehr wenig Wissen, aber das hindert sie nicht daran, tausend Dollar teure Kurse mit den gleichen grundlegenden Informationen zu verkaufen, die du nur herausfinden musst, indem du die richtigen Dinge googelst.


Das Traurige ist, dass die meisten Menschen in ihre Zuversicht und Gewissheit einsteigen, nur um zu spät zu merken, dass es alles nur Show und ohne Substanz war.


Heutzutage ist Fehlinformation ein größeres Problem als Unwissenheit.


Die Leute werfen oft nur einen flüchtigen Blick auf ein Thema und wollen sofort anfangen, anderen etwas beizubringen. Sie nehmen sich keine Zeit, um über die erste Seite der Gebrauchsanleitung hinaus-zulesen, bevor sie auf den Dächern schreien, wie viel sie wissen. Oder besser gesagt, wie viel sie zu wissen glauben.


Deshalb hören wir in der Regel auf die selbstsichersten Menschen und nicht auf die renommiertesten. Wir akzeptieren Informationen von der Person, die am lautesten spricht, anstatt von derjenigen, die am kompetentesten ist.


Von 5G-Todesängsten bis zu Impfgegnern, die Menschen sind ständig zufrieden damit, nur das Allernötigste zu wissen. Sie sind nicht nur zufrieden, sondern sind sich auch sicher, dass sie alles wissen, und sie verschwenden keine Zeit damit, diese Informationen mit anderen zu teilen.


Wenn die lautesten Stimmen unwissend sind, warum sprechen die Wissenden nicht? 


Auch hier ist es der Dunning-Kruger-Effekt.


Als die 65 Teilnehmer von Dunning und Kruger die drei Tests bekamen, wussten diejenigen, die am besten abschnitten, oft, dass sie in den Tests ziemlich gut abgeschnitten hatten. Sie dachten jedoch, dass es allen anderen genauso ergangen sei. 


Sie überschätzten oft die Punktzahlen der anderen Teilnehmer und hielten ihre eigenen Ergebnisse nicht für besonders. Als man sie bat, sich in ein Perzentile einzustufen, setzten sich diejenigen, die am besten abschnitten, oft niedriger ein, als sie tatsächlich waren.


Aufgrund dessen, dass Menschen mit Vorstellungskraft und Verständnis voller Zweifel und Unentschlossenheit sind.


Diejenigen, die am kompetentesten sind, erkennen nicht, dass sie es sind, deshalb fällt es ihnen schwer, sich zu äußern.


Es ist leicht für uns zu denken, dass etwas, was uns so leicht und natürlich von der Hand geht, auch für andere einfach ist. 


Es ist leicht zu denken, dass wir nicht besonders sind und dass jeder genauso gut abschneiden kann wie wir. 


Aber in Wirklichkeit ist das nicht wahr.


Tatsächlich, wenn du denkst, dass deine Arbeit nicht gut genug ist, ist sie wahr-scheinlich schon besser als die der meisten. 


Denn im Gegensatz zu den Menschen am unteren Ende des Prozentrangs weißt du, was du nicht weißt. Deshalb bist du eher bereit, dich zu verbessern.

Weisheit ist zu wissen, wie viel ich nicht weiß

- Sokrates -

Der Dunning-Kruger-Effekt ist nicht völlig schlecht. In gewisser Weise hilft uns der Dunning-Kruger-Effekt, den ersten Schritt zu machen, ohne uns zu viele Gedanken darüber zu machen, was wir noch nicht wissen. 


Er gibt uns oftmals das Selbstvertrauen, anzufangen und den ersten Schritt ins Unbekannte zu wagen.


Sobald wir diesen ersten Schritt gemacht haben, liegt es jedoch an uns, uns nicht in dem Wenigen, was wir wissen, bequem und selbstsicher zu fühlen. 


Wir müssen gegen die kognitive Voreingenommenheit ankämpfen und erkennen, dass wir nur an der Oberfläche gekratzt haben und noch einen langen Weg vor uns haben.


Uns wird oft geraten, uns nicht mit anderen zu vergleichen. Und die meiste Zeit ist das ein ausgezeichneter Ratschlag. Sich ständig mit anderen zu vergleichen, kann dich unglücklich und unmotiviert machen. 


Aber die Wahrheit ist, Vergleiche sind nicht immer schlecht. Wenn wir uns mit anderen vergleichen, können wir besser beurteilen, wie gut wir abschneiden.


Denk an die Teilnehmer von Dunning und Kruger's Experiment. Wenn diejenigen, die am schlechtesten abgeschnitten haben, im Nachhinein die Ergebnisse aller Teilnehmer gesehen hätten, hätten sie erkennen können, dass sie nicht so kompetent waren, wie sie dachten.


Wenn du sehr zuversichtlich in Bezug auf das bist, was du weißt, halte für einen Moment inne. Nimm dir Zeit, bevor du diese Informationen mit anderen teilst. 


Hinterfrage deine langjährigen Ansichten und Meinungen, denn es könnte neue Informationen geben, die das, was du so fest in deinem Herzen hältst, widerlegen.


Sei offen für Feedback und Kritik. 


Auch wenn es wahr ist, dass die Menschen deine Träume nicht entmutigen sollten, musst du verstehen, dass du manchmal deine Fähigkeiten überschätzt. Nimm die Kritik an und überlege sie sorgfältig. Wenn du das tust, wirst du höchstwahrscheinlich die eine oder andere Sache lernen, die du noch nicht wusstest.


Wenn du dich der metakognitiven Voreingenommenheit, die der Dunning-Kruger-Effekt ist, voll bewusst bist, wirst du wissen, wann du um objektive Kritik und Feedback bitten sollst und wann du deinen eigenen Fähigkeiten vertrauen und erkennen sollst, dass du vielleicht doch etwas Einzigartiges bist.


Am Ende denke ich jedoch, dass der einzige Weg, unsere eigene Ignoranz abzuwehren, darin besteht, weniger Meinungen zu haben und lockere Überzeugungen zu hegen.


Demut ist eine wichtige Tugend. 


Tatsächlich legt der Dunning-Kruger-Effekt nahe, dass Demut äußerst praktisch sein kann.


Indem wir absichtlich unser Verständnis der Dinge unterschätzen, eröffnen wir nicht nur mehr Chancen zum Lernen und Wachsen, sondern wir fördern auch eine realistischere Sicht von uns selbst und verhindern, dass wir vor anderen wie ein narzisstischer Idiot erscheinen.


Sei nicht zufrieden mit dem wenigen Wissen, das du hast, bleibe am Ball, lerne weiter, stelle immer Fragen und sei neugierig.


Deine Neugier wird belohnt, ob du es realisierst oder nicht.

Ich bin kein Genie, ich bin einfach neugierig

- Albert Einstein -

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