Vielleicht gehörst du zu den Leuten, die zusammenzucken, wenn sie das Wort "Verwundbarkeit" hören.
Möglicherweise bereitet dir allein der Gedanke daran, verletzlicher zu sein, Unbehagen, und du denkst darüber nach wie du mit deinen besten Freunden am Lagerfeuer sitzt und realisierst, dass sie dich nicht so sehr lieben, wie du sie.
Nun, ich bin hier, um dir zu sagen, dass Verletzlichkeit viel einfacher, alltäglicher und dennoch viel mächtiger ist als alle vorgefassten, verwaschenen Vorstellungen, die du möglicherweise hast.
Lass uns einen Moment Spaß haben und sag mir, ob etwas vom Folgenden auf dich zutrifft:
- Du verwickelst dich ständig in langweilige Gespräche, weil sie "sicher" und oberflächlich sind, und du musst kein Risiko eingehen, jemanden zu beleidigen oder aufzustacheln.
- Du steckst in einem Job oder Lebensstil fest, den du nicht wirklich genießt, weil dir andere immer gesagt haben, dass es eine gute Idee sei, und du niemanden enttäuschen oder verärgern möchtest.
- Du hast dich nicht so sehr bemüht auf dein äußeres Erscheinungsbild zu achten, weil du nicht zu sehr auffallen wolltest.
- Du fühlst dich unwohl, wenn du dich schick anziehst.
- Ein Anlächeln von Fremden kommt dir unheimlich vor.
- Die Vorstellung, jemanden offen um ein Date zu bitten, bereitet dir Angst vor möglicher Ablehnung.
All dies sind Symptome eines Grundproblems: der Unfähigkeit, sich verwundbar zu machen.
Vielen von uns wurde nicht beigebracht, unsere Gefühle frei auszudrücken.
Aus welchem Grund auch immer - möglicherweise aufgrund der Familiendynamik, Generationen Trauma der Nachkriegsgenerationen, Kindheitstrauma, vielleicht haben sich unsere Eltern emotional isoliert und ihre Gefühle nie ausgedrückt - wir sind mit Gewohnheiten aufgewachsen, die tief in uns verwurzelt sind und uns unterdrücken.
Sei nicht unkonventionell. Tu nichts "Verrücktes", "Dummes" oder "Egoistisches". Bleib anständig.
Mir ging es genauso.
In meiner gesamten Jugend hatte ich Angst davor, dass mich jemand nicht mag. Der bloße Gedanke, von jemandem gehasst zu werden, ob Frau oder Mann, hielt mich nachts buchstäblich wach.
Infolgedessen drehte sich mein gesamtes Leben darum schwierige Konversationen und Negativität zu vermeiden und meine Fehler und Schwächen zu verbergen.
Das mag vielleicht nach abgedroschenen New-Age Schwachsinn klingen.
“Wo kommen wir da denn hin...”
Glaub mir, das ist es nicht.
Wenn du dich auf diese Weise mit anderen verbindest, indem du verletzlich bist - anstatt zu überkompensieren und zu versuchen, dass dich alle mögen - werden einige der besten Interaktionen und Beziehungen deines Lebens entstehen.
Verwundbarkeit ist eines der Leitprinzipien in meinem Content, von Mating und Beziehungen über die Suche nach einer Karriere, die dir Freude bereitet, bis hin zur spirituellen Verbindung mit der Welt um dich herum - in allem.
Es ist wahrscheinlich auch eines der am meisten missverstandenen Konzepte, deshalb bin ich hier, um zu versuchen, einige Dinge klar zu stellen.
Keine Sorge, ich werde dich nicht dazu zwingen, mit mir am Lagerfeuer zu sitzen und Lieder darüber zu singen, wie wunderschön wir alle tief in unserem Inneren sind... das kann manchmal eher unangenehm sein.
Aber, ich verspreche dir: Es lohnt sich am Ende. Vertrau mir.
Was genau ist Verwundbarkeit?
Viele Menschen, insbesondere diejenigen, die ihr ganzes Leben damit verbracht haben, ihre Emotionen zu verbergen, haben Schwierigkeiten zu verstehen, was Verletzlichkeit genau ist.
Das ist verständlich.
Viele Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick nach Verletzlichkeit aussehen könnten, sind tatsächlich unglaublich manipulativ und / oder bedürftig, das Gegenteil von Verletzlichkeit.
Wir werden gleich noch darauf eingehen, aber zuerst möchte ich klarstellen, was echte Verwundbarkeit ist:
Verletzlichkeit bedeutet bewusst zu wählen, deine Emotionen oder Wünsche nicht vor anderen zu verbergen.
Das ist es.
Du drückst deine Gedanken, Gefühle, Wünsche und Meinungen frei aus, ungeachtet dessen, was andere von dir denken könnten.
Das kann so einfach sein wie jemandem ein Kompliment für sein Aussehen zu machen, eine attraktive fremde Person anzusprechen, klare und starke Grenzen zu setzen oder deine unendliche Liebe zu jemandem auszudrücken.
Es kann bedeuten, dich in eine Position zu bringen, in der du abgelehnt werden könntest, einen Witz machst, der möglicherweise nicht lustig ist, eine Meinung vertrittst, die andere beleidigen könnte, dich an einen Tisch mit unbekannten Menschen setzt oder jemandem gestehst, dass du dich zu ihm / ihr hingezogen fühlst.
Verwundbarkeit zu praktizieren, bedeutet, diese Dinge zu tun. Und obwohl mehr Verletzlichkeit einfach ist, ist sie nicht immer leicht.
Das liegt daran, dass diese Dinge dich auf emotionale Weise auf's Spiel setzen. Es ist riskant, und es gibt oft echte Konsequenzen für Verwundbarkeit.
Aber der Schlüssel zur wahren Verletzlichkeit ist, dass du bereit bist, die Konsequenzen unabhängig von allem zu akzeptieren.
Ja, du wirst einige Menschen verletzen. Du wirst einige Menschen abschrecken. Du könntest einen Freund, einen Kunden oder einen romantischen Partner verlieren.
Aber Verletzlichkeit ist der Weg zu einer wahren menschlichen Verbindung. Wie Robert Glover in "No More Mr. Nice Guy" sagte: "Menschen fühlen sich voneinander angezogen, weil sie die Ecken und Kanten des anderen sehen."
Zeige deine Ecken und Kanten. Hör auf, perfekt sein zu wollen. Offenbare dein wahres Selbst und teile dich deinen Mitmenschen ohne Hemmungen.
Akzeptiere die Ablehnungen und Rückschläge, mach trotzdem weiter und geh deinen Weg, denn du bist die stärkere Person.
Weshalb Verwundbarkeit in unserer Gesellschaft so tabu ist
Da Feminismus und Frauenrechte heutzutage scheinbar oberste Priorität haben, ist es gesellschaftlich akzeptiert schlecht über Männer zu sprechen und über sie herzuziehen.
"Wer braucht schon noch Männer..."
“Kill All Men. Ab mit ihnen auf den Scheiterhaufen.”
Wenn Frauen Probleme haben, fragen wir uns: "Was kann die Gesellschaft tun, um diese Probleme zu lösen?"
Wenn Männer Probleme haben, fragen wir uns: "Was können Männer tun, um sich an den Eiern zu packen und sich mal zusammenzureißen?"
Selbst die moderne Psychotherapie wird von Frauen dominiert, weshalb es vielen Männern schwer fällt sich diesbezüglich entsprechende Hilfe zu suchen.
Als ich vor paar Tagen, seit einiger Zeit, mal wieder mit einem meiner besten Freunde telefoniert habe, kamen wir auf's Thema Verwundbarkeit zu sprechen.
Er erzählte mir, wie er vor kurzem eine neue Bekanntschaft / Freundschaft geschlossen hatte und sich ihm gegenüber recht schnell verwundbar gemacht hat und offen über seine Probleme sprach.
Die Reaktion seines gegenübers, war für ihn etwas überraschend und gleichzeitig schockierend, denn sein gegenüber bedankte sich und erzählte ihm, wie er vor ein paar Monaten versucht hatte sich selbst das Leben zu nehmen...
Nicht jeder Mann ist "border-line suicidal" und dennoch ist Verwundbarkeit ein entscheidender Grundbaustein, um eine gesunde zwischenmenschliche Beziehung aufzubauen.
Menschen die mit ihrer Mental Health am struggeln sind, merken dies selbst manchmal überhaupt gar nicht.
Ein Fisch weiß auch nicht, dass er im Wasser schwimmt, bis er es nicht mehr tut.
Das Problem liegt jedoch darin, dass diese Art oftmals als "schwul" erachtet wird - da Jungen nie beigebracht wurde, wie sie sich gegenseitig unterstützen können.
Stattdessen sind wir damit beschäftigt Statusspiele zu spielen, um die eigene Wertigkeit zu erhöhen und attraktiver auf Frauen zu wirken…
Die soziale Status-Hierarchie
Insbesondere junge Männer in meinem Alter (16 - 25) fühlen sich oftmals nicht komfortabel sich selbst verwundbar zu machen und ihre Emotionen offen und authentisch zum Ausdruck zu bringen, aus Angst davor ihren Status zu verlieren, "sich zum Affen zu machen" oder als “gay" abgestempelt zu werden.
Fakt ist, viele Menschen stellen Status, Geld, Ruhm und Erfolg über die eigene persönliche Erfüllung.
Viele junge Menschen haben keinen Plan, was sie überhaupt hier auf dieser Erdoberfläche zu suchen haben, und leben somit in einer Illusion von Werten.
Und diese unausgesprochene Regel der Männer-Welt sorgt ebenfalls dafür, dass sobald du als Mann über Verwundbarkeit sprichst oder die Schwächen deiner Persönlichkeit offen mit anderen teilst, du damit automatisch sofort deinen Status verringerst oder gar völlig verlierst.
Es könnte ja sein, dass dich jemand als “BETA” abstempelt. (aber dazu gleich später noch mehr)
Und selbst wenn du mit deinen Freunden die gleichen Werte teilst, besteht nach wie vor auf subtile Weise untereinander ein gewisses Konkurrenzdenken.
Genau das ist vielleicht auch einer der Gründe, weshalb der erste Freund meiner kleinen Schwester (15 & 16) sich in meiner Familie, in der offen und ehrlich miteinander kommuniziert wird, unwohl fühlt.
"Ich fühle mich in deiner Familie unkomfortabel. Wenn du willst, dass wir uns sehen dann nur bei mir."
"Und was wäre, wenn ich mich in deiner Familie auch unwohl fühlen würde?"
"Naja, dann könnten wir halt nicht zusammen sein."
Für mich als großen Bruder kicken hier die Beschützerinstinkte, da sie auf gewisse Weise emotional manipuliert und langfristig womöglich verletzt wird.
Zum einen ist es zwar eine klare Grenze, die er zieht (vermutlich unbewusst), um sich wahrscheinlich selber davor zu schützen emotional verletzt zu werden, zum anderen drängt es meine Schwester jedoch in einen unfairen inneren Zwiespalt.
Denn was hier passiert ist, dass er einen Keil in die Familie treibt, sodass sich meine Schwester zwischen ihm oder der Familie zu entscheiden hat.
Und das ist eine Art von emotionaler Manipulation, die mir persönlich zutiefst in der Seele schmerzt.
Das Problem ist, dass viele junge Menschen nach wie vor in einer Illusion leben zu glauben, dass ihnen eine Freundin oder ein Freund, ihr Body-Count, Geld oder Status endlich die Bestätigung gibt, dass ihr Leben einen Sinn hat oder sie sich selbst endlich als wertvoll erachten dürfen.
Statt ihre eigene Persönlichkeit mit all ihren Ecken und Kanten zu entwickeln machen viele ihr Selbstwertgefühl ausschließlich von äußeren Schein, Materialismus oder anderen Menschen abhängig.
(stellt sich die Frage, ob sie die Menschen überhaupt würdigen, oder sie bloß als Mittel zum Zweck benutzen)
Diese Dynamik kann zu großen Problemen führen, denn genau das ist es, was Menschen bspw. auch in toxischen Beziehungen gefangen hält.
Das Good-Boy / Nice - Guy Syndrom
Auf der anderen Seite habe ich eine andere Schwester, die das genaue Gegenteil darstellt.
(und das ist das schöne daran von Frauen umgeben zu sein, denn sie alle haben Gemeinsamkeiten und doch lassen sich unterschiedliche Muster feststellen)
Diese Schwester wird von Jungs angeschrieben die unfassbar hilfsbedürftig sind.
Sie schreibt 20 Minuten lang nicht zurück und bekommt Nachrichten wie: "Was ist los? Habe ich etwa was falsch gemacht? Warum antwortest du mir nicht?"
Sie fragt mich dann immer:
"Nico ey, was ist denn los mit denen?! Die sind sooo ekelhaft."
Ich muss immer wieder schmunzeln, weil ich mit 16 ähnlich drauf war. Aber wenn du versuchst, dass dir Mädels / Frauen permanent Bestätigung geben, sprich du permanent nur ihrer Anerkennung hinterher hechelst - macht dich das einfach nur unattraktiv.
Dieses "Good-Boy" oder "Nice-Guy" - Syndrom tritt oftmals bei Jungen auf, die ohne wahrhaftige Vaterfigur aufwachsen. (du kannst ein Vater haben - heißt aber nicht, dass er ein gutes Vorbild ist)
Wenn du ausschließlich von deiner Mutter gepflegt, in den Arm genommen wirst und sie dir den Kopf streichelt, wenn du ein guter Junge warst, dann projiziert dein Unterbewusstsein diese Dynamik auf dein Liebesleben.
Wenn die Bestätigung und Liebe dann jedoch ausbleibt, weil Hilfsbedürftigkeit nun mal schlichtweg unattraktives Verhalten ist, ist es sehr leicht aufgrund dieser nicht entgegengebrachten Liebe von Mädels ein negatives, schlechtes oder schlichtweg unrealistisches Frauenbild zu entwickeln.
Sobald du erkennst, dass du mit einer netten, freundlichen Art keine Mädels / Frauen anziehst, mutierst du also zu einem gekränkten, arroganten Arschloch (was ironischer weise) Mädels anzieht. (meine andere Schwester)
Ich schlage jedoch ein anderen Weg vor.
Einen Weg, den Einklang mit deinen Emotionen zu finden und deine Intentionen auf ehrliche und authentische Art und Weise zu kommunizieren.
Es wird Mädels geben, die es "ab-turned" oder dich als "schwul" abstempeln, weil sie mit dieser “emotional availability” nicht umzugehen wissen (häufig haben diese Mädels selbst noch keine emotionale Intelligenz entwickelt) - und glaub mir, langfristig möchtest du mit diesen unterentwickelten Mädels keine Beziehung / Partnerschaft führen.
Vertrau mir einfach - denn auch Mädels können unrealistische Vorstellungen und Erwartungen bei der Partnersuche haben.
(perhaps gar oftmals mehr als die Männer)
Und auch hier gibt es “Männer” oder wohl eher Jungs, die schon etwas älter geworden sind, die mir nicht zustimmen würden.
“Wo kommen wir da denn hin...”
“Baller die Alte weg und dann ab mit ihr auf die Müllhalde…”
Gehörst du zu der Rasse der grünen Kobolde oder was?! hahaha
Wenn du hier nicht auf meiner Insel sitzt, dann verpiss dich einfach und geh und leb dein Leben.
“Leben und leben lassen”
Wie du dich verwundbarer machst
Wenn du vielleicht doch darüber nachdenkst, Verwundbarkeit anzunehmen und den Weg zu einer echten menschlichen Verbindung einzuschlagen, möchte ich dir einige Möglichkeiten zeigen, wie du in deinem Alltag verletzlicher sein kannst.
Hoffentlich helfen dir diese Beispiele dabei, die Feinheiten - und die Schönheit - daran zu erkennen, verletzlicher zu sein und der Welt deine Ecken und Kanten zu zeigen.
Sprich offen über deine Schwächen
Denk mal darüber nach:
Wenn jemand offensichtlich in etwas schlecht ist - sei es beim Golf oder bei Geschäftsverhandlungen - gibt es wahrscheinlich nichts Erschreckenderes, als wenn er offen damit prahlt, wie gut er darin ist.
Andererseits, wenn jemand offen zugibt, dass er in etwas wirklich schlecht ist, wirst du ihn wahrscheinlich am Ende mehr respektieren (vorausgesetzt natürlich, er ist nicht zu verzweifelt).
Wenn du nicht weißt wie du mit Frauen umgehen solltest, erzähle einem Freund davon und frag nach Feedback, wie du dich verbessern kannst.
Wenn du Schwierigkeiten hast, bei der Arbeit mit Menschen in Kontakt zu treten, und glaubst, dass sich dies auf deine Arbeitsleistung auswirkt, teile es deinen Kollegen mit, dass es dir schwerfällt, und frag sie, ob sie einen Rat für dich haben.
Der Punkt ist, dass du nicht versuchst, etwas zu sein, was du nicht bist. Du akzeptierst, wer du bist, mit all deinen Fehlern.
Die Leute werden dies als unglaublich selbstbewusstes Verhalten empfinden und entsprechend reagieren.
Übernimm die Verantwortung anstatt andere zu beschuldigen
Ich denke wir alle hatten bereits mit Leuten zu tun, die permanent jemand anderen (oder jeden anderen) für die eigenen Probleme verantwortlich machen:
Der Mann, dessen Beziehungen gescheitert sind und stets die "lügende Ex" für all seine aktuellen Beziehungsprobleme verantwortlich macht, anstatt einfach zuzugeben, dass die Dinge nicht funktioniert haben und dass er zuweilen ein schlechter Partner war, und dann daran arbeiten würde.
Der Kollege, der ständig seine Leistungsziele verfehlt und die Bürokultur, die Wirtschaft oder im Grunde alles andere als seine Unfähigkeit verantwortlich macht. Gib einfach zu, wenn du bei etwas Hilfe brauchst, und finde jemanden, der dir helfen kann, besser zu werden.
Die Frau, die alle Männer - nicht nur einen Mann, sondern alle Männer - für ihr schreckliches Liebesleben verantwortlich macht.
Als Faustregel gilt: Wenn du herauszufinden versuchst, ob es an der Hälfte der Bevölkerung liegt, dass alle das gleiche Problem haben, oder ob es vielleicht einfach an dir liegt - nun, ich habe nachgerechnet, und es ist äußerst wahrscheinlich, dass es an dir liegt. Fang also dort an.
Der Grund, warum die Übernahme von Verantwortung für deine Probleme so mächtig ist, liegt darin, dass du dadurch die Kontrolle über die Lösung übernimmst.
Wenn du andere beschuldigst, gibst du die Kontrolle an alle und alles um dich herum ab, und - ACHTUNG SPOILER - du kannst nicht jeden und alles um dich herum kontrollieren - und du solltest es auch niemals versuchen.
Du bist vielleicht nicht für deine derzeitige beschissene Situation verantwortlich, aber wenn du aufstehst, die Ärmel hochkrempelst und sagst, dass du dich darum kümmern wirst, ist das ein verdammt mächtiger Schachzug.
Es zeigt, dass dich äußere Druckmittel, um auf eine bestimmte Weise auszusehen, sich zu verhalten oder sich zu fühlen, nicht aus der Ruhe bringen. Stattdessen akzeptierst du die Realität, wie sie ist, und machst dich daran, mit dem umzugehen, was du hast.
Und es ist ein leuchtendes Beispiel für Verletzlichkeit, denn du sagst:
“Ich habe ein Problem. Ich bin nicht perfekt, aber das ist in Ordnung. Ich kann damit umgehen, und ich werde damit umgehen.”
Sprich es offen an, wenn jemand verletzend ist
Ein großen Fehler, den ich in meiner Jugend gemacht habe, ist das ich nie angesprochen habe, wenn ich mich von jemanden verletzt gefühlt habe.
Die Sache ist die. Du musst es ansprechen ansonsten wirst du dich für immer und ewig wundern, weshalb du nicht so behandelt wirst, wie du gerne behandelt werden wollen würdest.
Viele versuchen, eine dicke Haut aufzulegen und es einfach hinzunehmen, wenn Leute auf unsere wunden Punkte herumstochern oder sich wie Vollidioten benehmen.
Es könnte so einfach sein wie jemand, der einen flapsigen Kommentar oder Witz über dich oder jemanden in deiner Nähe macht, der ein wenig zu weit gegangen ist.
Oder vielleicht geht es darum, wie unsensibel dein Partner manchmal ist (der übrigens möglicherweise nicht einmal weiß, dass er unsensibel ist).
Oder es könnte der sexistische / rassistische Idiot im Club sein, der einfach nicht die Fresse halten kann.
Diese Leute zur Rede zu stellen, wenn sie wirklich die Linie überschreiten, macht dich verwundbar.
Du machst deine Gefühle und deine Meinung über diese andere Person bekannt. Das ist riskant. Die Dinge könnten eskalieren. Einige werden es persönlicher nehmen als andere.
Und einige Menschen könnten davon genervt sein, oder so.
Aber wenn du weißt, wofür du stehst, und dafür eintrittst, dann ist das eine mächtige Form der Verwundbarkeit.
Beachte jedoch, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Zur-Rechenschaft-Ziehen von jemandem, der grausam oder schädlich ist, und dem Zur-Rechenschaft-Ziehen von jemandem, weil du anderer Meinung bist.
Letzteres ist Unsinn und verschlimmert die Dinge, anstatt sie zu verbessern.
Ein möglicher Ansatz:
Hey, mir ist aufgefallen, dass du oft (X) machst oder nicht machst, und es mag für dich keine große Sache sein, aber ich fühle mich dadurch (Y). Ich würde es zu schätzen wissen, wenn du stattdessen (Z) tun könntest.
Option A
"Oh, das habe ich gar nicht mitbekommen. Gerne kann ich (Z) für die Zukunft übernehmen. Danke für den Hinweis."
oder "Kannst Du mir noch ein paar Beispiele geben, in denen ich so handel, sodass ich es besser nachvollziehen kann?"
Gutes Zeichen, da die Person gewollt ist eine Veränderung einzugehen und dich und deine Bedürfnisse respektiert.
Option B
"Ach komm schon, du überreagierst doch nur. Es ist wirklich nicht so eine große Sache, wie du es jetzt darstellst."
"Meinst du nicht, dass du schon wieder ein bisschen zu emotional / sensibel bist?
Die häufigste Technik, mit der du von anderen Menschen manipuliert wirst und sie es schaffen, dass du deine eigene Realität in Frage stellst und hinterfragst, ob du tatsächlich eine anständige Person bist.
Option C
"Nö, das ist halt einfach wer ich bin und ich will das nicht verändern. Sorry."
Das ist eigentlich eine respektable Antwort und zeigt, dass die Person über ein angemessenes Maß an Selbsterkenntnis verfügt.
Du hast vielleicht den Eindruck, dass es für beide das Beste wäre, wenn die Person sich ändern würde, und damit könntest du auch Recht haben, aber wenn sie nicht dazu bereit ist, ist es vielleicht das Beste, sie auf lange Sicht loszulassen.
An der Hoffnung festzuhalten, dass man jemanden dazu bringen kann sich von allein zu ändern, indem man der Person einfach nur Zeit gibt und sich selbst in der Tugend der Geduld übt, erfordert unfassbar viel Willenskraft..
Veränderungen können nur von der anderen Person selbst ausgehen - nicht jeder legt jedoch Wert auf Wachstum.
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- Die drei Ebenen der Selbstwahrnehmung (in progress)
Sag jemandem, dass du sie / ihn schätzt / bewunderst / respektierst oder lieb hast
Dies könnte die ultimative Form der Verletzlichkeit sein, und es ist wahrscheinlich auch die einfachste, um sie zu vermasseln (dazu gleich noch mehr).
Das gilt, wenn du einfach einer anderen Person sagst, dass du sie süß findest, deinem Freund zeigst, dass du ihn als Person wirklich bewunderst, deinen Eltern Respekt und Liebe zeigst und ja, sogar jemanden deine unsterbliche, nie endende Liebe gestehst.
All das erfordert, dass du verletzlich bist, denn du weißt nie wirklich, was jemand anderes für dich empfindet.
Es könnte bedeuten, dass seine Gefühle nicht mit deinen übereinstimmen, was zu einem Ungleichgewicht bzw. die Dynamik der Beziehung verändern könnte etc.
Aber bevor du dich beeilst und anfängst, dem nächsten heißen Fremden, den du siehst, deine unsterbliche Liebe zu gestehen, müssen wir über den schmalen Grat zwischen Verwundbarkeit und emotionalem Psycho-Verhalten sprechen.
Was keine Verwundbarkeit ist
Auch wenn du diese Zeilen hier liest, kann es sein, dass du noch immer kein klares Verständnis davon hast, was Verletzlichkeit wirklich ist.
Typischerweise manifestiert sich die Verwirrung in einer von zwei Formen:
1) Verletzlichkeit als weitere „Taktik“ zu nutzen, um die Leute dazu zu bringen, dich zu mögen / attraktiv zu finden / mit dir zu schlafen / dir Geld zu geben usw., oder
2) emotionale Kotze nutzen als eine Möglichkeit, verwundbar zu sein.
Lass uns jedes dieser Probleme angehen.
Verwundbarkeit ist keine "Taktik" oder "Strategie"
Ein sehr häufiges Problem, dem Menschen begegnen, ist, dass sie Verletzlichkeit als eine weitere Taktik betrachten, die sie "anwenden" können, um andere Menschen dazu zu bringen, sie auf eine bestimmte Weise wahrzunehmen.
"Oh, okay, Nico sagt, ich muss jemandem nur einige Dinge erzählen, die ich normalerweise niemandem erzähle, und dann werden sie mich mögen / mir eine Gehaltserhöhung geben / wollen, mit mir schlafen / Kinder mit mir haben, usw."
Falsch.
Wenn du jemandem von deinen Gefühlen erzählst, als dein Hund gestorben ist, oder von dem angespannten Verhältnis zu deinem Vater, oder wie du eine wirkliche Bindung mit deinem Freund aufgebaut hast, als ihr gemeinsam durch den Grand Canyon gewandert seid...
…aber du machst das alles nur, um sie dazu zu bringen, dich mehr zu mögen, nun, das ist keine Verletzlichkeit.
Das ist Manipulation.
Das Problem hierbei ist, dass es nicht authentisch ist und daher keine Verwundbarkeit.
Du bleibst nicht nur unecht, sondern du verkaufst nun einige deiner kostbarsten Lebenserinnerungen, um jemanden dazu zu bringen, dich zu mögen oder sogar mit dir zu schlafen.
Herzlichen Glückwunsch.
Du bist offiziell verzweifelt.
Echte Verletzlichkeit geht nicht darum, was du tust, sondern darum, warum du es tust.
Die Absicht hinter deinem Verhalten macht es wirklich verletzlich (oder eben nicht).
Machst du einen Witz, weil du ihn lustig findest (das ist verletzlich), oder weil du willst, dass andere lachen und dich für witzig halten (das ist bedürftig)?
Erzählst du jemandem, von deinen nerdigen Hobbys, um einfach einen Teil von dir mit ihnen zu teilen (das ist verletzlich), oder machst du es, um ihnen deine "sensible Seite" zu zeigen (das ist manipulativ)?
Gründest du dein eigenes Unternehmen, weil du deinen Bürojob satt hast, dir dein Chef auf den Senkel geht und du etwas ausprobieren möchtest, was du wirklich tun möchtest (das ist verletzlich), oder weil du ein Video gesehen hast, in dem dir gesagt wurde, dass der einzige Weg zum Erfolg darin besteht, ein Unternehmen zu besitzen. (das ist traurig)
Das Ziel echter Verletzlichkeit ist nicht, verletzlicher auszusehen, es ist einfach, sich so authentisch wie möglich auszudrücken.
Emotionale Kotze und Verwundbarkeit
Ein weiteres Problem, dem Menschen begegnen, ist die Verwendung von "emotionalem Erbrechen" als Mittel zur Verletzlichkeit.
Emotionales Erbrechen tritt auf, wenn du plötzlich eine unangemessene Ladung an Emotionen und persönlicher Geschichte in ein Gespräch entlädst, in der Regel zum völligen Entsetzen der Person, die zuhört.
Emotionales Erbrechen ist schwierig, weil es einerseits tatsächlich verletzlich ist, andererseits jedoch abstoßend und unattraktiv wirkt.
Im Wesentlichen zeigst du, wie bedürftig und jämmerlich du wirklich bist, wenn du offen und authentisch über deine Gefühle sprichst.
Und ob versteckt oder offensichtlich, Bedürftigkeit ist nie attraktiv.
"Ich war verletzlich, ich habe meiner Freundin von meinen Problemen erzählt, und es hat sie abgeschreckt. Was ist da los?"
Das Problem beim emotionalen Erbrechen ist, dass, wenn du eine Menge Bedürftigkeit in dir trägst, es auf irgendeine Weise und irgendwie herauskommen muss, damit du es jemals bewältigen kannst. Das ist die Schmerzperiode.
Wenn du dies jedoch vor Menschen machst, die emotional schwer zu erreichen sind, selbst noch keine emotionale Intelligenz entwickelt haben oder zu diesen Menschen keine Bindung besteht, wird es sie abschrecken.
Als ich meinen ersten Job verloren habe und ein paar Monate zuvor in eine neue Wohnung gezogen bin, habe ich in einem Gespräch mit meiner Tante diesen emotionalen Aufruhr und Ballast ausgekotzt.
Sie konnte “meinen Selbstmitleid” nicht nachvollziehen und war selbst völlig genervt und überwältigt von der Situation.
Den Fehler, den ich sowie viele beim emotionalen Erbrechen machen, besteht darin, zu erwarten, dass das einfache Herausbrechen all deiner Emotionen deine Probleme plötzlich lösen wird.
Der Zweck des emotionalen Erbrechens besteht darin, dich auf deine Probleme aufmerksam zu machen, damit du sie beheben kannst.
Wenn wir in den gepolsterten Wänden unseres Geistes isoliert sind, ist es leicht zu glauben, dass wir in allem, was wir denken oder fühlen, gerechtfertigt sind.
Es ist, wenn wir diese Gedanken und Gefühle dem Licht aussetzen, dass wir erkennen, wie sehr wir uns vom richtigen Weg entfernt haben, und es ermöglicht uns, uns in der Zukunft anzupassen.
Das emotionale Erbrechen hat mir die Erkenntnis gebracht, die notwendig war, um meine Heilung zu beginnen, aber es war nicht die Heilung an sich.
Letztendlich musst du für deine eigenen Gedanken und Gefühle verantwortlich werden und daran arbeiten, sie zu klären. Andernfalls wirst du weiterhin wütend, frustriert, traurig, voller Zweifel etc. sein und jeden, den du triffst, abschrecken.
Ein Devise könnte lauten:
Du fühlst dich scheiße? ->
Ändere deine Handlungen.
Du handelst scheiße? ->
Ändere deine Gefühle.
Die Macht der Verwundbarkeit
Wenn du aufmerksam zugehört hast, hast du vielleicht bemerkt, dass echte, authentische Verletzlichkeit eine Form von Macht darstellt - eine tiefe und subtile Form von Macht.
Brene Brown spricht darüber in ihrem Buch "Verletzlichkeit macht stark".
Eine Person, die sich verletzlich machen kann, ihre Schwächen offenbart, ohne Rücksicht darauf, was andere denken werden, sagt der Welt:
"Es ist mir egal, was du von mir hältst. Das bin ich, und ich weigere mich, jemand anderes zu sein."
Das soll nicht heißen, dass wir uns selbst nicht weiterentwickeln können, sondern das wir ebenso die Akzeptanz in unserem menschlichen Dasein gefunden haben und das Leben mit all den Dingen, die wir bereits haben genießen können.
Bezüglich des “modernen Optimierungswahns” zitiert mein Dad immer Paracelsus:
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei. “
Unsere Pop-Kultur ist voller Extreme. Ich mag es, die Dinge in einem gesunden Maß zu halten - so auch die pro-aktive persönliche Entwicklung und den Drang meinen intellektuellen Geist zu nähren.
Das wirklich überraschende was ich festgestellt habe ist, dass sobald wir uns den negativen Emotionen stellen, sie offen und auf gesunde Art und Weise zum Ausdruck bringen, wir gleichzeitig unsere Widerstandsfähigkeit und Resilienz aufbauen können.
Du musst deine Fehler und Schwächen der Welt zeigen. Indem du das tust, verlieren sie ihre Macht über dich und ermöglichen es dir, dein Leben mit mehr Ehrlichkeit und Intention zu leben.
Sich der Verletzlichkeit zu öffnen, sich selbst darauf zu trainieren, mit deinen Emotionen, deinen Fehlern und dem Ausdruck deiner selbst ohne Hemmungen umzugehen, geschieht nicht über Nacht.
Es ist ein Prozess.
Manchmal ein sehr anstrengender und langer Prozess.
Aber ich versichere dir, wenn du die Arbeit investierst - wenn du die schwierigen Gespräche führst, wenn du dich ehrlich ausdrückst, auch wenn es riskant ist, das zu tun, wenn du der Welt sagst "das bin ich, und ich weigere mich, etwas anderes zu sein" - wirst du in deinen Beziehungen eine neue Tiefe finden.
In all deinen Beziehungen.
Und du wirst ohne Scham über deine Fehler und über dich selbst hinauswachsen.
Verwundbarkeit vs. Privatsphäre
Eine wichtige Nuance, die ich an dieser Stelle noch einbringen muss ist, dass Verwundbarkeit nicht bedeutet, dass du dich von all deinen Schamgefühlen befreien und offen über alles sprechen musst, denn das macht dich nur zu einem selbstverliebten, narzisstischen Arschloch.
Es gibt Dinge, die du durchaus besser für dich behalten solltest.
Hier sind einige Beispiele:
1. Intime Details deiner Beziehung: Es ist nicht notwendig, die intimsten Aspekte deiner Beziehung oder deines Liebeslebens mit anderen Menschen zu teilen. Diese Details (sexuelle Vorlieben, Fetische etc.) sollten in der Regel privat bleiben.
2. Gesundheitsprobleme: Während du dich bei engen Freunden, der Familie, deinem Therapeuten über Gesundheitsprobleme austauschen kannst, sind nicht alle Details und Symptome für die Öffentlichkeit bestimmt.
3. Geheimnisse anderer: Wenn jemand dir ein Geheimnis anvertraut hat, solltest du dieses Vertrauen respektieren und diese Informationen nicht ohne Erlaubnis weitergeben.
Es ist wichtig, ein gesundes Maß an Privatsphäre und Zurückhaltung zu wahren und die Verwundbarkeit gezielt in Bereichen einzusetzen, in denen sie zu mehr Verständnis, Nähe und Authentizität führen kann, ohne dabei persönliche Grenzen zu überschreiten.
Insbesondere in Liebesbeziehungen wird die Macht der Verwundbarkeit deutlich. Ich bin schon auf einige (häufig etwas ältere) Frauen gestoßen, die zwar einen Partner haben, sich aber dennoch einsam fühlen…
Tiefe, Nähe und echte Bindung entsteht durch wahre Verwundbarkeit (!)