Nach den üblichen Turbulenzen landete das Flugzeug sicher am Gate.
Als ich das Flugzeug verließ, traf mich die Realisierung wie ein plötzlicher Sturm. Das war es also – der erste Schritt in das unbekannte Terrain, über 8000 Kilometer entfernt von der vertrauten Heimat.
Nachdem ich die Wirren meines ersten, anspruchsvollen Gesprächs auf Englisch mit einem einschüchternden US-Einwanderungs-beamten überstanden hatte, durchzog mich ein Hauch von Wärme.
Das süße amerikanische Mädchen, das ein Pappschild mit den Worten "EF Class of 17" schwang, schenkte mir ein Lächeln.
Nach weiteren quälenden 45 Minuten des Wartens setzte sich unsere Gruppe von Austauschschülern schließlich in Bewegung zu unserer Unterkunft am Rande des “concrete jungle” von NYC.
Als wir den regnerischen Flughafenpark-platz betraten und uns zu den ikonischen gelben Schulbussen aufmachten, die in der Ferne auf uns warteten, stieg mir der Geruch von warmer, feuchter Luft mit einer milden Note von nassem Hund in die Nase.
Die Busse, die zu meiner Überraschung viel unbequemer waren als erwartet, füllten sich rasch mit den Schülern aus aller Welt.
Nach unserer anfänglichen 60 - minütigen Busfahrt, die aufgrund von Verkehr und einem Platten zu einer 2,5-stündigen Odyssee wurde, folgten interessante Gespräche mit Menschen aus ganz Europa. Schließlich erreichte ich jedoch voller Erschöpfung die steife Matratze, die mich in den kommenden Tagen beherbergen sollte.
Während ich dort lag und erschöpft die Decke anstarrte, durchzog mich dennoch ein Gefühl von Isolation und Trübseligkeit.
Natürlich war ich gespannt auf all die aufregenden Dinge, die noch kommen würden, doch die Gedanken, gebündelt mit den wilden Emotionen der Erkenntnis, dass ich ein Jahr lang von Familie und Freunden entfernt sein würde, waren einfach beängstigend.
Und ich würde lügen, wenn ich sagte, solche Tage waren selten. Ich könnte endlos über all die verrückten Dinge erzählen, die mir widerfahren sind, als ich in den USA lebte, aber das ist nicht meine Absicht hier.
Heutzutage geschehen solche Tage nicht mehr allzu oft, aber doch regelmäßig genug, dass die brodelnde Frustration, die tiefe Selbstwahrnehmung, die geistige Erschöpfung und das unvermeidliche Gefühl der Isolation mir inzwischen vertraut geworden sind.
Nach meinem Schulabschluss arbeitete ich unermüdlich daran, zu einem “Nomaden Lifestyle” zurückzukehren und diesen Lebensstil des "Arbeitens von überall auf der Welt" zu führen.
Und obwohl es mir gelang, dieses Leben zu führen, sehen viele Menschen, die davon hören, es als glamourös an.
Doch wie bei jedem Lebensstil gibt es Vor- und Nachteile. Es ist nicht alles rosig.
Man opfert einige Dinge, um andere zu gewinnen.
Und keine Sorge, ich bin nicht hier, um mich über jede schwierige Situation zu beklagen, die ich in Jahren des Reisens erlebt habe. Es gab weit, weit mehr gute Tage als schlechte. Und ich würde keine einzige Lebensentscheidung rückgängig machen.
Aber ich möchte ein realistisches Bild davon zeichnen, was dieser Lebensstil mit sich bringt, die Höhen mit den Tiefen. Und vielleicht ist der größte Unterschied zwischen diesem Lebensstil und einem konventionellen einfach, dass die Höhen höher sind und die Tiefen tiefer sind, was die Werte dessen, wofür man seine Zeit aufwendet, neu ausrichtet.
Das ist genau das, was man eben nicht über all die Glamourisierung des "Lifestyle-Designs" hört.
Nach all den interessanten Gesprächen mit den Menschen, die ich auf meinen Reisen getroffen habe, ging ich in mein Zimmer.
Kein Fernseher.
Kein Telefon.
Keine Freunde (als ob ich sie überhaupt anrufen könnte). Nichts zu tun. Ich ging nach Hause und lag den größten Teil des Abends im Bett. Körperlich und geistig erschöpft - im Elend.
Und allein.
Es gibt nichts Neues an schlechten Tagen. Wir haben alle welche. Und wir alle haben unsere eigenen Strategien, um mit unseren negativen Emotionen fertig zu werden.
Manchmal rufen wir einen guten Freund an und lassen ihn uns über Drinks hinweg trösten.
Oder wir rufen Mama oder Papa an und suchen nach ein wenig Beruhigung. Vielleicht schalten wir einen Film mit unserem Lebenspartner ein und vergessen einfach alles für ein paar Stunden.
Oder vielleicht gehen wir ins Fitnessstudio oder lassen es im Boxring raus.
Aber auf Reisen ist es oft so, dass du keine Freunde hast, mit denen du Bier trinken kannst, du kannst nicht bei einem Elternteil anrufen und dich auf ihre Unterstützung verlassen, du hast keinen Film zum Anschauen oder jemanden, mit dem du dich einkuscheln kannst, kein Fitnessstudio, kein Sportplatz.
Vielleicht hegst du Geschäftsbeziehungen und stellst irgendwann jedoch fest, wie negativ sich diese unklaren Grenzen zwischen Geschäftsbeziehung & Freundschaften auf dein emotionales Leben auswirken können.
Oft musst du die Last deiner Emotionen alleine tragen, ohne dass dich etwas von ihnen ablenkt.
Und das ist schwer.
Aber es macht dich stärker, mental widerstandsfähiger, zentrierter. Wenn du schließlich wieder auf die Beine kommst, fühlt sich das Leben viel leichter an. Und diese freudigen Erlebnisse, die du im Kontrast zu den dunklen und einsamen hast, werden noch besser.
Tatsächlich habe ich festgestellt, dass der tiefe Kontrast zwischen Höhen und Tiefen tatsächlich begonnen hat, zu definieren, was diese freudigen Momente sind.
Einige meiner glücklichsten Erinnerungen in diesem Jahr waren einfach nur, mit einem Freund ein Bier zu trinken. Ein gutes, tiefes Gespräch mit meiner Schwester oder ein ruhiger Spaziergang im Park.
Nichts mehr, nichts weniger.
Etwas, das ich in den vergangenen Jahren selten getan habe, aber das immer für mich verfügbar war.
Es hat einen seltsam paradoxen Effekt auf das emotionale Leben: Die extremen Höhen und die Neuheit der Erfahrung machen bestimmte "aufregende" Aktivitäten bedeutungslos, und die extremen Tiefen von Isolation und Frustration lassen viele "normale" Aktivitäten aufregend und erfüllend erscheinen.
Das Feuerwerk an Silvester sieht anders aus, nachdem du am Independence Day in Washington D.C. warst und den Ascheregen erlebt hast oder drei Tage lang ohne Schlaf am anderen Ende der Welt gefeiert hast.
Und ich gebe dir einen Tipp: Diese scheinbar grandiosen Erlebnisse werden langweilig.
Ein Roadtrip an die Ostsee erscheint auf einmal albern im Vergleich zum Spaziergang am Strand in Florida, dem Surfunterricht in der Karibik oder dem Schlendern durch die belebten Straßen Marokkos.
In vielerlei Hinsicht wird man gegenüber dem früheren Leben abgestumpft.
Aber andererseits machen die dunklen Zeiten der Einsamkeit, Trostlosigkeit, Frustration und Isolation andere routinemäßige alltägliche Ereignisse des Lebens - Ereignisse, die du und alle anderen als selbstverständlich hinnehmen - umso besser und bedeutungsvoller.
Als ich Anfang des Jahres in Marokko war hatte ich Fieber, Kälteschauer und Kopfschmerzen, die in meinem Schädel hämmerten. Mein Wasser ging gegen 22 Uhr aus, und die einzigen Geschäfte in der Stadt hatten für die Nacht geschlossen.
Ich lag die ganze Nacht im Bett, unfähig zu schlafen wegen Fieber und Schweiß-ausbrüchen.
Keine Medizin.
Ausgetrocknet und unglaublich durstig.
Und um die Dinge noch interessanter zu machen, krabbelten noch die Kakerlaken durch die Stube.
Die Geburtstagstorte, die mir meine Schwester ein paar Monate später gebacken hat, schmeckt nach so einer Erfahrung umso besser.
Was sich wohl in diesem Paradox auflöst:
eine Abwertung oberflächlicher Freuden und eine größere Wertschätzung für einfache, authentische
Ich genieße Weihnachtsgeschenke nicht mehr wirklich, den Sommerurlaub oder sogar die Partys an Silvester.
Ich habe größere Partys gesehen, war an schöneren Orten und besitze bereits alles, was ich jemals in diesem Leben haben möchte.
Aber im Gegensatz zu früher schätze ich jeden Tag, den ich mit den Menschen verbringe, die mir viel bedeuten.
Ein ruhiges Bier auf einer Terrasse. Ein Herbstspaziergang durch den Wald mit der Familie oder einem guten Freund.
Zu einer Geburtstagsfeier oder einem Grillfest gehen. Das sind die Ereignisse, auf die ich mich jetzt freue und auf die ich mich Tage und Wochen im Voraus freue...
…und genau so sollte es wahrscheinlich sein.